Gottfried Wandner


Über Gottfried Wandner ist nur bekannt, dass er von 1834 bis 1871 lebte und dem Münchener Dichterkreis "Die Krokodile" angehörte. Gottfried Wandner schrieb auch unter den Namen Godfried Wandner und Gottfried W.

April.


Welch‘ hohes Glück an allen Enden,
Welch‘ holdes Glück in jeder Brust,
Wie muß sich aller Schmerz nun wenden
Zu sonnenheller goldner Lust!

Es klingt ein buntes Musiciren
Durch Wald und Feld, durch Flur und Au;
Es schwingt mit hellem Jubiliren
Die Lerche sich zum Himmelsblau.

Und streut dazwischen auch die Stunde
Schneeflocken noch und Regen d‘rein —
Was kümmert‘s uns? Nach alter Kunde
Folgt stets auf Regen Sonnenschein.

So wollen wir auch muthig tragen,
Was uns der Augenblick gebracht,
Da nach der Stürme bangen Tagen
Uns doppelt schön das Leben lacht!

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1870 Band 6, Seite 182, Autor Godfried Wandner, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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Das letzte grüne Blatt am Baum.


Du, mitten in fahlen und welken Blättern,
Verschont allein von des Herbstes Wettern,
Noch in den Tagen, den glanzlos kalten,
Suchst Du Den Sommer Dir festzuhalten. —
Vergeb’nes Hoffen, vergeb’nes Müh’n!
Nicht weckst Du das längst entschlaf'ne Blüh’n;
Das Welken und Sterben in seinem Lauf
      Hältst Du nicht auf!

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1870 Band 5, Seite 182, Autor Gottfried Wandner, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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Sommer-Mittag.


Zur Mittagsstunde in der Sommerzeit,
Auf Flur und Au welch’ wonneselig Schweigen!
Es dehnt der Himmel sich so endlos weit,
Kein Windhauch rührt die Blätter an den Zweigen.

Die Welt so still, als wie entschlafen nun,
Bezaubert mitten in des Tages Helle,
Kein Vogelsang erklingt, die Wälder ruhn,
Durch Gräser sickert müde hin die Quelle.

Wie glüht und zittert rings der Sonnenstrahl
Und wirft sein Goldnetz in die klaren Lüfte!
Aus tausend Blumenkelchen steigt vom Thal
Empor ein Strom betäubend süßer Düfte.

Zum tiefsten Tannendickicht zog das Reh,
Laufkäfer suchen Rast im kühlen Moose,
Und innehält der Nymphe Tanz am See,
D’rauf sich in Träumen wiegt die Wasserrose.

Im Lichtglanz ferne Bergesfirne stehn,
Am Busche schimmern roth die reifen Beeren
Und durch das Kornfeld rauscht ein leises Wehn,
Als ging der Segen Gottes durch die Aehren.

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1869 Band 4, Seite 440, Autor Godfried Wandner, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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