Albert Roffhack


Albert Roffhack, geboren am 9. Oktober 1837 in Barmen, gestorben am 4. September 1906 in Oberkirch, war ein deutscher Dichter.

Frauenküsse.


Sonett

Als mich die süße Mutter sprechen lehrte,
Hat sie den Mund mit Küssen mir erschlossen,
Bis meine Kindeslippen überflossen
Von Schmeichelworten, die sie lächelnd hörte.

Und als die Muse meinen Dienst begehrte,
Hat sie ihr Angesicht an mein’s geschlossen,
Und von dem aufgeküßten Mund ergossen
Sich Liedeswellen, sonnenglanzverklärte.

Und also, wähnt’ ich, müßten Frauenküsse
Am Ende Stummen selbst die Lippen sprengen!
Noch kannt’ ich Dich nicht, noch war ich mein eigen.

Doch als an Deinem Mund ich durfte hängen,
Umhüllten jäh mich heiße Finsternisse,
Und nichts begehrt’ ich, als mit Dir zu schweigen.

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft, Band IV, 1869, Seite 594, Herausgeber: Ernst Dohm und Julius Rodenberg; Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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Mond-Landschaft


Das Gedicht Mond-Landschaft ist eine Interpretation des Bildes „Müllergehöft im Mondschein“ von Louis Douzette. Dieser Maler (geb. 25. September 1834, gest. 21. Februar 1924 in Barth) ist bekannt für seine spätromantisch angehauchten Stimmungsbilder von Nachtlandschaften.

Mondlandschaft
„Müllergehöft im Mondschein“ von Louis Douzette

Mond-Landschaft.

   Wie hell der Sonne Strahl vom Himmel fällt,
Man sieht die Sonne nicht, man sieht die Welt.
Doch kommst Du, Mond, mit Deinem Silberschein,
Sehn wir ringsum in Allem Dich allein
Und lüftest Du nur einer Wolke Saum,
Verwandelt Schlaf und Wachen sich in Traum.

   So laß auch mich hier träumen, wo sich grau
Zu Dir erhebt der Mühle luft’ger Bau,
Und wo ihr Arm, gehemmt in seinem Schwung,
Mit Dräu’n beherrscht die dumpfe Niederung,
Drin überm Bach die Weide schimmernd weiß
Aus morschem Stamme treibt ihr jüngstes Reis.

   Nicht mein ist dort das Haus, wo karges Licht
Durch kleine Fensterscheiben blinzelnd bricht.
Drin ist des Tages saures Werk vollbracht,
Nun wünscht man sich zum Glück die gute Nacht.
Ich wache noch, denn wie man drin auch ruht,
Ich weiß es wol, ich ruhe nicht so gut!

   Doch neid’ ich Niemand drum, obschon ich’s weiß.
Ich kenne Eures Schlafes hohen Preis,
Und zahl’ ihn nicht! Ich hab’ Euch ja erblickt,
Mit krummem Nacken, in den Staub gebückt
Lastthieren gleich stumm unterm Joche gehn.
Ich hab’ am Tag die Welt zu hell gesehn! —

   O süßes Licht! o Mond! o Zaubertraum!
Brich ganz aus Wolken in den dunklen Raum!
Voll Wassers bietet eine Schale Dir
Die Erde, daß Du spiegelst Dich in ihr,
Und also, was dem Auge sich enthüllt,
Mir deutlich Eins nur zeige noch: Dein Bild!

Quelle des Gedichtes: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft, Band 2, 1868, Seite 560, Herausgeber: Ernst Dohm und Julius Rodenberg; Verlag von A. H. Payne, Leipzig
Quelle des Bildes: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft, Band 2, 1868, Seite 559, Herausgeber: Ernst Dohm und Julius Rodenberg; Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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Pause.


Sonett

Horch’! sage ich zu meinem Herzen gerne,
Wenn es ganz stille draußen um die Mitte
Der Nacht auf einmal wird, und auch die Tritte
Des letzten Wandrers leis verhallen ferne.

Am Himmel ziehen lautlos alle Sterne
Zusammt dem Mond in ruhig gleichem Schritte,
Und streu’n ihr traulich Licht nach ew’ger Sitte
Still auf die Erde, die’s empfängt so gerne.

Horch’! sag’ich, und nun horcht mein Herz und waget
Zu schlagen nicht, nur leise noch zu beben,
Und selbstvergessen neiget sich sein Wille.

Was mag es horchen? Hab’ es oft gefraget,
Doch keine Antwort hat es mir gegeben,
Und still belauschte weiter es die Stille.

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1869 Band 4, Seite 361, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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Was Dir gehört!


Sonett

Eröffnet sind die Thore Dir der Welt!
Du bist ein Mensch, Du darfst mit Freudebeben
Hier um Dich schau’n, denn Dir ward sie gegeben,
und einzig Dir gehört die ganze Welt.

Dein ist die Sonne, Dein das Sternenzelt,
Die Erde Dein, wo sich in ew’gem Weben
Erneu’t das volle, vielgestalt’ge Leben,
Und Dein das Meer, das nimmer Ruhe hält.

Dein ist dies All. Und sieh’, Dein Eigenthum
Ist reicher noch; die ganze Menschheit kehre,
Denn sie vermag’s, in Deinen Busen ein.

Die vor Dir große Tage lebten, ehre,
Die mit Dir leben, liebe, und den Ruhm,
Bei denen such’ ihn, die da werden sein. A. Roffhack.

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1869 Band III, Seite 680, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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