Julius Rodenberg


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Julius Rodenberg
ulius Rodenberg (* 26. Juni 1831 in Rodenberg; † 11. Juli 1914 in Berlin; eigentlich Julius Levy) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller.







Morgengruß.


Das Gedicht „Morgengruß“ von Julius Rodenberg ist eine Interpretation des Stichs „Morgengruß“ von Carl Becker. Dieser Stich entstand wiederum nach einer Fotografie von Gustav Schauer.

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Morgengruß.

Variationen zu des Malers Thema.

D a s   M ä d c h e n.

Weit auf die Läden! — Mit voller Brust
Athm’ ich den Morgen und trink’ ich die Lust,
Die mir im Luftstrom entgegenquillt,
Die mir aus Blatt und Knospe schwillt.
O nach der langen, der bangen Nacht
Welche Wonne!
Guten Morgen, guten Morgen, Du schöner Tag!
Guten Morgen, Du schöne Sonne!

D e r   P h i l i s t e r.

So rief ein Mägdlein — halb rief es, halb sang,
Und das Lädlein flog auf und der Riegel klang,
Und ich derweil unter’m Fliedergang
Spazierte, wie jeglichen Morgen,
Die Pfeife im Mund, um das Rosenbeet
Und die Villa, die hinter den Bäumen steht,
Vom hängenden Laube verborgen.

D a s   M ä d c h e n.

O Du weite Welt, dort im Sonnenschein!
Wie lockst Du herauf und wie läd’st Du mich ein;
Wie schimmert die Wiese, so perlend von Thau,
Wie locken die Berge so blau, so blau!
Dem Pfad, dort hinauf, o wie folgt ihm mein Aug’
So gerne!
Guten Morgen, guten Morgen, Du köstlicher Hauch,
Guten Morgen, Du duftige Ferne!

D e r   P h i l i s t e r.

Und wie sie stand, mit der rechten Hand
Den Flügel aufwerfend, und vorwärts gewandt,
Als wollte sie über den marmornen Rand,
Daß fast mir das Pfeifchen verglimme:
Da rief ich: Holderes hast Du doch nicht,
O Frühling, als solch’ ein liebes Gesicht,
Und solch’ eine liebliche Stimme!

D a s   M ä d c h e n.

O Frühling und Sonne und Blüthenzeit!
Euch öffn’ ich die Thür und die Seele weit!
Ich trinke den Duft und ich athme den Hauch
Und ich denke an einen Entfernten auch ...
Was treu, wie wir, zueinander hält
Kann warten:
Guten Morgen, mein Lieb — in der weiten Welt,
Guten Morgen, ihr Rosen im Garten!

D e r   P h i l i s t e r.

Mein Pfeifchen ist aus. — O fröhlicher Reim,
Erklingst Du noch einmal aus fernem Heim,
Erweckst Du noch einmal den Liederkeim,
Den fast in der Brust schon erstarrten?
Auch wir einst sangen, von Sehnsucht geschwellt —
Nun, Jugend, nimm Du die Lieb’ und die Welt,
Und laß uns die Rosen im Garten!

Quelle des Gedichts: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1869 Band III, Seiten 355-356, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig
Quelle des Stichs: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1969 Band IIII, Seite 354, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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Willkommen!…


Das Gedicht „Willkommen! …“ von Julius Rodenberg ist eine Interpretation des Stichs „Willkommen!“ von Carl Becker. Dieser Stich entstand wiederum nach einer Fotografie von Gustav Schauer.
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Willkommen!

Gustav Schauer war ein Fotograf, Verleger, Maler und Freimaurer. Er wurde am 24. Juni 1826 in Beeskow geboren und starb am 8. Januar 1902 in Berlin.
Carl Becker (Karl Friedrich Wilhelm Becker), * 31. März 1827 in Berlin, † 26. April 1891 ebenda, war ein deutscher Maler, Zeichner und Kupferstecher.

Willkommen!…

Zu dem Bilde von C. Becker.

An die Säule gelehnt des steinernen Dach’s,
Auf dem Marmoraltan des trauten Gemach’s,
Erblickt’ ich die holdeste Frauengestalt.
Ihr Antlitz strahlt und ihr Tüchlein wallt,
Und eh’ ich ein Wort noch der Lippe vernommen,
Erkannt’ ich es bald
An dem Lächeln so selig und doch so beklommen —
Der Mund war geschlossen und dennoch schien mir
Jeder Athem und jede Bewegung in ihr
zu rufen, zu jauchzen, zu jubeln: „Willkommen! ...“

Und wem dieser Gruß? — wen beglückt und empfängt
Dieser Blick, der am Blicke des Nahenden hängt?
Ich sah ihn noch nicht, doch beneid’ ich ihn!
Ob die Sonne des Ruhms seinen Pfad beschien,
Ob der Gott der Schlachten im eisernen Tosen
Den Kranz ihm verliehn;
Ob die Muse die Stirne des Ruhelosen
Mit Lorbeer geschmückt — o, wie kalt ist der Ruhm!
Die Flamme brennt nur im Heiligthum,
Und nur die Liebe, die Liebe hat Rosen!

Willkommen! Willkommen! Und wer Du auch wär’st,
Ob vom Schlachtfeld des Lebens, vom Meere Du kehr’st;
Ob Du Schätze gewannst, oder Schätze verspielt,
Ob Du glücklich errungen, wonach Du gezielt,
Oder hinsankst am Berg, den Du halb erst erklommen;
Ob die Hoffnung Dich hielt,
Oder treulos verließ; ob Erfolg Dich gekrönt,
Oder Spott noch des Haufens im Herzen Dir tönt:
Sie frägt nicht, sie prüft nicht — sie jubelt: „Willkommen! …“

Quelle des Gedichts: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1869 Band III, Seite 224, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig
Quelle des Stichs: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1969 Band IIII, Seite 225, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig


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