Emanuel Geibel


Franz Emanuel August Geibel (* 17. Oktober 1815 in Lübeck; † 6. April 1884 ebenda) war ein deutscher Lyriker.

Am Hünengrabe.


So wölbst Du wieder über mir
Dein Schattenzelt von Ast zu Ast.
Willkommen trautes Waldrevier,
Du Stätte meiner Jugendrast!
Dahingerauscht sind zwanzig Jahr,
Seit ich bei Dir zu Gaste war.

Die Sonne scheint herab auf euch,
Ihr Buchen, wie sie weiland schien;
Es singt im blüh’nden Dorngesträuch
Der Fink die alten Melodie’n!
Das Bächlein rauscht am alten Ort
Und wie im Traume wandl’ ich fort.

Doch plötzlich hier zum Meer hinab
Vertauscht erscheint mir rings die Welt;
Im Walde lag das Hünengrab,
Nun liegt es auf dem freien Feld,
Und wo der Jüngling einst dem Horn
Des Jägers lauschte, wogt das Korn.

Gesegnet sei dem Bauersmann
Des treubestellten Ackers Frucht!
Doch tiefe Wehmuth fällt mich an,
Gedenk’ ich an der Dinge Flucht;
Ach, wie das Grün des Waldes schwand
Die Blüthe, drin mein Leben stand.

Wo sind die Tage klar und reich,
Da ich im laub’gen Junimond
Der sommerfrohen Schwalbe gleich
Im alten Forsthaus dort gewohnt,
Da jedes Frühroth, jede Nacht
Beglückend mir ein Lied gebracht?

Wo sind die Freunde, die mir dort
Den Becher gastlich eingeschenkt,
Der starke Bruder, dessen Wort
Begeisternd uns wie Wein getränkt?
Ach, hingesunken Haupt an Haupt,
Den Wipfeln gleich, die hier gelaubt.

Genug des Harms! Empor mein Herz
Und halt im Wechsel muthig Stand!
Zu tragen lerne großen Schmerz,
Wer große Freuden einst gekannt,
Und wer im Eig’nen Schiffbruch litt,
Der leb’ im Ganzen doppelt mit.

Der Rasen deckt mein bestes Glück
Und schleichend Siechthum blies mich an,
Doch preis’ ich dankbar mein Geschick,
Das mir bis heut den Faden spann,
Ich sah’s noch, wie mein Vaterland
Zu jungen Ehren auferstand.

Und ob der Rost der Jahre mir
Gemach den Ton der Harfe dämpft.
Noch flattert meines Lieds Panier,
Wo man für Reich und Kaiser kämpft,
Und mahnt, wo zwischen Gau und Gau,
Der Main sich wälzt zum Brückenbau.

Getrost denn, einsam Herz! Es zieht
Hell vor Dir her wie Frührothschein:
Du darfst vielleicht dein letztes Lied
Dem Tag noch aller Deutschen weihn,
Dem Tag des Heils, von dem Du kühn
Hier einst geträumt im Waldesgrün.

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1870, Band V, Seiten 67-68, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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Charmion


Elegie

Täglich Gestöber und Sturm und wiederum Sturm und Gestöber!
   Ewig bewölkt, bleischwer lastet der Himmel herab;
Kniehoch liegen die Gassen verschneit und es ächzt, nur mühsam
   Durchs Pfadlose die Bahn wühlend, das schwere Gespann.
Kaum noch dem leichteren Schlitten gelingt die gefährliche Reise,
   Oft einsinkend im Schnee strauchelt das klingelnde Roß.
Und so sitz' ich zu Hause gebannt; schon dunkelt das Zwielicht
   Ueber die Stadt und umsonst strebt mir ins Freie der Sinn.
Lodert denn auf im Kamin ihr tröstlichen Flammen und scheuche
   Wärmender Becher, den Druck trüber Gedanken mir fort!
Euch auch such' ich hervor aus dem Schrein, ihr verwitternden Blätter,
   Die ich dereinst im Genuß goldener Tage beschrieb,
Als ich, ein Wanderer noch, mit dem trunkenen Auge der Jugend
   An den Gestaden umher südlicher Meere geschweift.
Seltsam blickt ihr mich an im Geflacker des nordischen Herdes,
   Fremd fast, aber ihr habt bald mir die Seele gelöst,
Und im belebenden Hauch der Erinnerung schwebt die befreite
   Wie von Flügeln des Schwans leise getragen hinaus.
Sieh, schon sinkt das Gewölk, durch die flatternden Schleier ergießt sich
   Goldener Glanz, weithin dehnt sich im Grunde die Flut
Und im Kreise verstreut, umspült von schmeichelnder Woge
   Tauchen ins leuchtende Blau sonnige Gipfel empor.
Seid mir gegrüßt! Wohl kenn' ich euch noch, ihr seligen Inseln,
   Die des ägeischen Meers purpurner Gürtel umschlingt,
Naxos Rebengebürg und des taubenumflatterten Andros
   Winkende Höhn, von der Nacht schwarzer Cypressen gekühlt
Und in Blüthen verhüllt Parichias schwebende Gassen,
   Die vielsäulig vom Meer über den Felsen sich ziehn.
Zaubrische Stadt! Wohl ruhn sie verwaist, die gefeierten Schluchten,
   Wo zu göttlichem Reiz einst sich der Marmor beseelt,
Aber es erbte bis heut sich in dir unsterblicher Anmuth
   Kleinod fort und verwirrt lieblich dem Pilger das Herz.
Ach, ich erfuhr's und das schmerzliche Glück, das launisch dieselbe
   Stunde mir gab und entriß, wieder berauscht es mich heut.
Sieh, dort wandeln sie hin, mit dem Krug auf dem Haupte, die Mädchen,
   Leicht im Sandalengeschnür schwebt der beflügelte Fuß.
Hier welch’ reine Gestalt, welch' Haar! Schon bist Du den Kranz ihr
   Zuzuwerfen bereit; aber die Schönere naht,
Ach, und die Schönste von Allen zuletzt, die Schwester des Schiffers,
   Der sein gastliches Dach gern mit dem Fremdling getheilt.
Sechzehn Sommer erlebte sie kaum, doch blickt aus den dunkeln
   Wimpern ein sehnsuchtsvoll träumendes Auge bereits,
Und frühzeitig gereift am Strahle der milderen Sonne
   Birgt die vollendete Brust schon ein erwachend Gefühl.
Winkst Du mir, Charmion, reizendes Kind? Vom sprudelnden Brunnen
   Ueber die Stufen empor soll ich dir folgen ins Haus?
Wol, ich gehorche dem Blick und du führst mich ins duftende Gärtchen,
   Wo der Granatbusch prangt, wo das Basilikum sprießt
Und Hesperiens Baum uns im Schatten empfängt, mit der Fülle
   Goldener Aepfel zugleich, silberner Blüthen geschmückt.
Stumm dort bietest Du mir die zerbrochene Frucht der Orange,
   Mir die Hälfte, und nimmst sinnend die Hälfte für Dich.
Soll es ein Zeichen mir sein, Holdselige, daß Du mir gut bist?
   Daß es Dich schmerzt, mich so bald scheiden zu sehen? – Du nickst,
Und mit streifender Hand die achatenen Locken entfesselnd
   Schmiegst Du Dich an mich und reichst weinend den Mund mir empor.
Wer bezwänge sich da! Wer stieße die köstliche Gabe
   Frostig zurück, ein Barbar, wenn sie die Grazie beut!
Einmal laß mich im Kuß die ambrosischen Lippen berühren,
   Einmal schling' ich den Arm um den bezaubernden Wuchs
Und umfangen von Dir, im Innersten schauernd, empfind' ich's,
   Wie Dein pochendes Herz heiß an das meine sich drängt.
Hältst Du mich fest? Laß ab! Du sollst der beglückenden Stund' einst
   Heiter gedenken und nie, was Du mir schenktest, bereun.
Laß, und trockne das süße Gesicht! Schon hör' ich den Bruder,
   Der zum Hafen ans Schiff dringend den Säumigen ruft.
Lebe denn wohl! Lebwohl! Und sei für immer gesegnet!
   Ewig jugendlich hier bleibst Du ins Herz mir geprägt.
Aus dem azurenen Meer wird stets Dein Auge mich grüßen,
   Jede Cypresse des Hains, Schlanke, gemahnt mich an Dich;
Bei den Rosen Athens will Dein ich denken und wenn mich
   Kalt und düster dereinst wieder der Norden umgraut,
Soll Dein reizendes Bild im hyperboreischen Dunkel
   Mir wie die Sonn' aufgehn, Charmion, liebliches Kind!


Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft, Band II, 1867/68, Seiten 22-23, Herausgeber: Ernst Dohm und Julius Rodenberg; Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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Ein Ruf über den Main


October 1867

   Nun steht das Haus gegründet
Und prangt im Frührothschein,
Nun ist das Wort verkündet:
Kommt her und tretet ein!
Kein Fremdling soll euch hindern,
Kein Machtspruch fern und nah;
Nach allen ihren Kindern
Verlangt Germania.

   Ihr sollt nicht länger tragen
Der Waisen schwarz’ Gewand,
Ihr sollt nicht fürder fragen:
Wo ist das Vaterland?
Den Hort euch zu gewinnen,
Der jüngst ein Traum noch war,
Reicht nur in treuen Sinnen
Die Hand den Brüdern dar!

   Ihr raschen Alemannen
Glück auf! Mit Jubelton
Aus eures Schwarzwalds Tannen
Antwortend grüßt ihr schon.
Ihr habt die heil’ge Lohe
Der Freiheit stets genährt;
Nun schürt getreu die hohe
Auf größer’m Opferheerd!

   Was säumt ihr ernsten Schwaben,
Vorkämpfer einst im Reich?
Wohl ist an Geist und Gaben
Kein Stamm dem euren gleich.
O laßt den Schatz nicht rosten!
Ihr sollt auch über’m Main,
Wo Lichtgedanken sproßten,
Die Bannerträger sein.

   Ihr löwenherz’gen Bayern,
Ihr Franken klug und kühn,
Wie lange wollt ihr feiern,
Wo Deutschlands Ehren blüh’n?
Den Arm, erprobt im Schlagen,
Den Blick voll Weltverstand,
Wollt ihr sie träge versagen
Dem großen Vaterland?

   Empor! Ihr hofft vergebens
Ein Volk im Volk zu sein;
Schon reißt der Strom des Lebens
Die dumpfen Schranken ein.
Vertraut euch seinen Wogen
Und sucht ein besser Heil!
Allmächtig angezogen
Zum Ganzen strebt der Theil.

   Wohl habt ihr’s oft vernommen
Vom Eberhard das Lied,
Wie er dem Reich zum Frommen
Sein stolzes Herz beschied,
Und großen Sinns die Krone,
Darnach er selbst begehrt,
Des Nordens starkem Sohne
Darbot am Vogelheerd.

   O laßt sein Bild euch mahnen,
Und zieht aus Süd und West,
Zieht hin mit euren Fahnen
Zum schönsten Sühnungsfest.
Und jedem Groll entsagend,
Beschwört mit Herz und Mund,
Im Kreis der Boten tagend
Den neuen Bruderbund!

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft, Band I, 1867/68, Seiten 45-46, Herausgeber: Ernst Dohm und Julius Rodenberg; Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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Wittenborg.


Geschichtlicher Hintergrund dieser Ballade

Johann Wittenborg (* um 1321 in Lübeck; † zwischen dem 15. August und dem 21. September 1363 ebenda) war ein Kaufmann und Bürgermeister der Hansestadt Lübeck.

Wittenborg war Sohn eines Lübecker Bürgers und heiratete 1321 in die Lübecker Ratsfamilie von Bardewik ein. Aus seiner ersten Zeit wird von Reisen nach Flandern (wohl Brügge) und England berichtet. Als Kaufmann handelte er vom Baltikum bis nach London und Flandern Tuche, Getreide und Pelze.

Dem Rat der Stadt gehörte Johann Wittenborg etwa seit 1350 an. Er vertrat Lübeck auf den Hansetagen in Rostock (1358) und zumindest seit 1359 als Bürgermeister von Lübeck in Greifswald (1361).

Zu dieser Zeit regierte seit 1340 in Dänemark König Waldemar IV. Atterdag (* um 1321; † 24. Oktober 1375 auf Schloss Gurre beim heutigen Helsingör). Waldemar IV. hatte sein Land von der Fremdherrschaft durch Holstein, Mecklenburg und Schweden befreit und damit auch den Handel auf der Ostsee wieder sicherer gemacht.

Waldemar IV. betrieb eine kriegerische Expansionspolitik. Der Erste Waldemarkrieg war ein Krieg zwischen Dänemark unter seinem König Waldemar IV. und den wendischen Hansestädten unter Führung Lübecks. Er wird auch als Erster Hansekrieg bezeichnet, obwohl er nicht die erste militärische Auseinandersetzung zwischen Dänemark und den Hansestädten war. Grund des Krieges war die Auseinandersetzung um die Vorherrschaft über den Handel im damals dänischen Schonen.

Mit der Eroberung Schonens im Jahre 1360 und der Brandschatzung Visbys auf Gotland 1361 (Schlacht von Visby am 27.07.1361, Visby unterstand bis dahin dem schwedischen König) und dem Entzug bedeutender Privilegien waren die Hansestädte in ihrem Handel stark eingeschränkt. Die wendischen Städte waren auf Grund ihrer Lage an den schonischen Märkten interessiert, die preußischen aber mehr an der freien Sunddurchfahrt in die Nordsee. Die westfälischen Städte hingegen fühlten sich nur indirekt betroffen. Die Hanse erklärte in Verhandlungen in Greifswald unter Leitung des Lübecker Bürgermeisters Johann Wittenborg, an denen auch der Deutsche Ritterorden sowie Gesandte Schwedens und Norwegens teilnahmen, den Dänen im September 1361 den Krieg.

Der Oberbefehl über die Flotte der hanseatischen Seemacht im Krieg gegen König Waldemar IV. von Dänemark wurde dem Lübecker Bürgermeister Johann Wittenborg übertragen. Die Flotte kehrte 1362 erfolglos und schwer dezimiert nach der Belagerung Helsingborgs vom Öresund in die Heimathäfen zurück. Wittenborg hatte den Fehler begangen, für die Belagerung zu viele Mannschaften an Land zu setzen, so dass seine Schiffe für die Dänen leichte Beute wurden. Zwölf Koggen gingen der Hanseflotte so verloren. Wittenborg wurde bei seiner Rückkehr nach Lübeck seiner Ämter enthoben und im Marstall gefangen gesetzt.

Der Hansetag im Januar 1363 in Stralsund zog ihn zur Rechenschaft; er hatte zwar Fürsprecher, wurde aber dennoch wegen der erlittenen Niederlage und „propter alias causas quas cum eo specialiter haberet (civitas)“ - aus anderen Gründen, die er speziell bei sich hatte (Staatsbürgerschaft) - zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung fand im August/September 1363 auf dem Lübecker Markt durch Enthaupten statt.

Quelle: Wikipedia

Wittenborg.

Das war Johannes Wittenborg,
Der Admiral vom Bunde;
Er nahm Bornholm, das feste Schloß,
Und fuhr hinab zum Sunde.

Und wo er traf ein Dänenschiff,
Das stolz die Segel blähte,
Verbrannt’ er’s oder führt’ es mit
Als Beute für die Städte.

Und als er kam vor Helsingör,
Das Volk ergriff ein Zagen.
Dem König däuchte plötzlich schwül
Die Luft von Kopenhagen.

Er sandte Brief’ und Boten aus,
Den Admiral zu grüßen:
„Laß ab vom Kampf und komm an’s Land
Wir wollen Frieden schließen.

Und bis vollführt das Sühnungswerk
Dem Bund und uns zum Frommen,
Im alten Schloß von Helsingör
Sei mir als Gast willkommen!"

Im alten Schloß zu Helsingör,
Da schallen Pauken und Zinken,
Die Diener rennen aus und ein,
Die güldnen Becher blinken.

Bei Tafel sitzt Hans Wittenborg,
Gewappnet wie zum Streite,
Die Königstochter aus Dänemark
Die sitzt an seiner Seite.

Die Königstochter aus Dänemark,
Die weiß so süß zu blicken,
Ein Goldnetz ist ihr wellig Haar,
Um Herzen zu bestricken.

Sie lacht und schwatzt und läßt sich hold
Sein zaudernd Wort gefallen,
Sie schenkt ihm ein und trinkt ihm zu,
Sein Blut beginnt zu wallen.

Schön Sigbrit hebt die Tafel auf,
Da rufen lauter die Geigen;
„Legt ab den Panzer, Admiral,
Nun geht’s zum Fackelreigen."

Und als er tanzt mit ihr im Saal,
Da schwindeln ihm die Sinne;
Ihm ist’s, als ob aus ihrer Hand
Ein Strom von Flammen rinne.

Sie merkt es wohl und schaut ihn an,
Und flötet leis’ im Tanze:
„Gieb uns Bornholm und Dir gehört
Die Ros’ aus meinem Kranze."

„Die Ros’ aus Eurem Kranz ist schön,
Rubin erbleicht daneben.
Mit Freuden gäb’ ich drum mein Blut,
Bornholm kann ich nicht geben.“

„Gieb uns Bornholm, das feste Schloß
Und nimm dafür zur Stunde,
Nimm hin dafür, Du stolzer Mann,
Den Kuß von meinem Munde!"

Sie flüstert’s leis, ihr Aug’ ist heiß,
So wonnereich ihr Flehen,
Sie zieht ihn sacht zum Schloßaltan,
Da ist’s um ihn geschehen.

Er hat verrathen Schloß Bornholm,
Um seine Lust zu büßen;
Vom Himmel schoß ein Stern herab
In’s Meer zu seinen Füßen.

Weh Dir, Johannes Wittenborg!
Weh Dir um diese Stunde!
Du hast geminnt des Dänen Kind,
Was bleibst Du nicht am Sunde?

Was segelst Du zur Heimat keck,
Der Du die Treu gebrochen?
Zu Lübeck in der alten Stadt
Wird scharfes Recht gesprochen.

Zu Lübeck in der alten Stadt
Am Mittwoch nach den Fasten,
Da schallt vom Thurme dumpf Geläut,
Da flaggen schwarz die Masten.

Zum Markte wallt ein Trauerzug
Aus Sanct Marien’s Thüren;
Das ist Johannes Wittenborg,
Den sie zum Tode führen.

Bekümmert steht das Volk umher,
Es weinen laut die Frauen,
Dem jungen Admiral nur spielt
Ein Lächeln um die Brauen.

Er schreitet hohen Haupts zum Block,
Als ging’s zum Fackelreigen.
„Und muß ich sterben um Bornholm,
So warst Du doch mein eigen!"

Ein Röslein nimmt er aus der Brust,
Das wuchs an Seelands Strande,
Noch einmal drückt er’s an den Mund
Und kniet dahin im Sande.

Die Glocke dröhnt, das Richtbeil fällt,
Sein Haupt rollt hin am Grunde;
Er hat bezahlt mit seinem Blut
Den Kuß von Sigbrit’s Munde.

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft, Band III, 1869, Seiten 641-643, Herausgeber: Ernst Dohm und Julius Rodenberg; Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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