Johann Georg Fischer


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Johann Georg Fischer
ohann Georg Fischer (* 25. Oktober 1816 in Groß-Süßen, Königreich Württemberg; † 4. Mai 1897 in Stuttgart) war ein deutscher Lyriker und Dramatiker.






Gefangen.


Mit der Wolken Flug, mit der Winde Hast
Schweifen der Liebe Gedanken,
Aber vom stillen Zweig erfaßt,
Schmiegen sich innige Ranken.

Wie der Bogen den Pfeil entläßt,
Rauschte der Lerche Gefieder,
Aber zur Saat in’s kleinste Nest
Sank am Abend sie nieder.

Und Millionen Augen ist
Dein Herz vorbeigegangen,
Doch von den zweien letzten bist,
Von zweien, Du gefangen!

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1870, Band V, Seite 107, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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Schicksal.


Es ist nur eine kleine Weile,
So liegst auch Du, wo Alles liegt,
Was nach des Lebens Hast und Eile
Zum langen Schlafe sich geschmiegt.

Nach jedem seligsten Geschicke
Hast Du gerungen und gestrebt,
Du hast’s erjagt auf Augenblicke,
Doch im Besitze nie gelebt.

Und was man für das Beste achtet,
Das hast Du in dem besten Licht
Zu zeigen Deiner Zeit getrachtet,
Doch überzeugt hast Du sie nicht.

Und wenn die Woge Dich erfaßte
Und trug dem großen Meer Dich zu,
Liegst Du bei Tausenden zu Gaste,
Die auch vergessen sind wie Du.

Nur da und dorten rettet Einen
Auf hohen Fluten seine Zeit,
Der leuchtet wie die Sterne scheinen,
Ein Gott in seiner Einsamkeit.

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1869 Band IV, Seite 309, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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Vorüber.


Anfang des Maien, bis die Rosen kamen,
Da gab des Himmels Glück mir sein Geleit,
Da hatten alle Dinge Deinen Namen
Und eine Stunde war die Ewigkeit. —

Ich geh’ denselben Weg, dieselbe Matte,
Sie sind’s noch immer, sind es doch nicht mehr —
Was damals Flügel, Ton und Seele hatte,
Liegt regungslos und tönelos umher.

In seine seichte Breite muß es nieder,
Was oben mit der Stromes Flut begann;
Ach, daß man nicht auf Ewigkeiten wieder
Als wie zum erstenmal empfinden kann!

Quelle: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft 1869 Band III, Seite 690, Herausgeber: E. Dohm & J. Rodenberg, Verlag von A. H. Payne, Leipzig

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