Adelheid von Auer - Biografie


Adelheid von Auer ist das Pseudonym von Charlotte von Cosel.

Charlotte Mathilde Adelheid von Cosel wurde am 6. Januar 1818 in Breslau geboren, sie starb am 22. April 1904 in Charlottenburg. Ohne weitere Quellenangabe führt Wikipedia aus: Als abweichendes Geburtsdatum wird auch der 15. November 1819 genannt (1).

Charlotte von Cosel stammte aus der preußischen Offiziersfamilie von Cosel. Sie war das vierte von sieben Kindern ihrer ostpreußischen Eltern Carl von Cosel (1789-1876) und Johanna Luise Charlotte von Auer (1795-1831). Ihre Eltern heirateten am 6. Juni 1814 in Fort Friedrichsburg bei Königsberg in Preußen. Nach Charlotte von Cosel (7) war ihr Vater zur Zeit ihrer Geburt Kommandeur des 2. Ulanen-Regiments. Wikipedia (4) führt dagegen aus, dass Carl von Cosel zu dieser Zeit Kommandeur im 1. Ulanen-Regiment war und erst am 29.11.1821 nach Charlottes Geburt als Kommandeur in das 2. Ulanen-Regiment versetzt wurde.

Nach eigener Aussage verlebte Charlotte ihre Kindheit und Jugend in Berlin (7). Pataky (2) dagegen führt aus, dass Charlotte durch die vielfachen Versetzungen ihres Vater eine sehr bewegte Jugendzeit hatte. „… und gern weilten noch später ihre Gedanken in Danzig, wo sie die ersten Jugendjahre verlebt hat.“ (2)

Nach Brümmer (3) beförderte eine Anzahl von Reisen nach Preußen, an den Rhein, in die Schweiz sowie nach Süd- und Norddeutschland ihre Bildung. Die Stellung ihres Vaters führte sie dabei hauptsächlich in militärische Kreise ein. Bei reger Geselligkeit lernte sie so in vielseitigen freundschaftlichen Verbindungen die verschiedenartigsten Charakter kennen.

Von Kindheit an hat sie sich für Lektüre begeistert; die gesamte Familie hatte eine Passion für Lektüre. Bücher machten Charlotte glücklich, „… so daß sie einmal den thörichten »Wunsch hegte, dereinst Leiterin einer Leihbibliothek werden zu können.«“ (2) Sie war auch Hauspoetin und Gelegenheitsdichterin bei allen festlichen Angelegenheiten.

Charlottes Mutter verstarb sehr früh. Sie wurde am 26. November 1831 auf einem Garnisonsfriedhof beigesetzt. ((4) ohne Ortsangabe). Zu dieser Zeit war Carl von Cosel im Kriegsministerium tätig, so dass vermutet werden kann, dass es sich um einen Friedhof in Berlin handelt. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Carl von Cosel am 22. Oktober 1833 in Hammer (Kreis Wohlau) Asta von Schkopp (1802–1880), die zweite Tochter des Oberst a. D. von Schkopp.

Am 9. Mai 1848, dem Jahr der bürgerlichen Revolution, nahm Carl von Cosel als General der Kavallerie (5) bzw. als Generalleutnant (4), versorgt mit einer Pension, Abschied vom Militär. Er siedelte noch in diesem Jahr mit der Familie nach Schwedt an der Oder über, wo er sich später Haus und Garten kaufte.

Allmählich fand Charlotte in Schwedt aus der Freude an Literatur den Übergang zur produktiven Tätigkeit. Die Zeit in Schwedt war für die Schriftstellerin die erfolgreichste. Sie fing an, Märchen zu schreiben und einem kleineren Kreis vorzulesen. Ihre erste Novelle „Sonnenaufgang und Sonnenuntergang“ erschien 1856 in der „Kölnischen Zeitung“. Auch veröffentlichte sie 1856 in den „Hamburger Nachrichten“. Seit 1868 war sie ständige Mitarbeiterin des Leipziger „Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft“. Ihre Romane und Novellen waren zur damaligen Zeit gern gelesene Werke, die zum Teil auch in Zeitschriften wie „Daheim - Ein deutsches Familienblatt mit Illustrationen“, „Die Gartenlaube - Illustrirtes Familienblatt“ oder „Deutsche Roman-Zeitung“ sowie in Tageszeitungen wie dem „Memeler Dampfboot“ veröffentlicht wurden.

Soweit bekannt veröffentlichte Charlotte von Cosel ausschließlich unter Verwendung ihres dritten Vornamens, Adelheid, und des Mädchennamens ihrer Mutter, von Auer.

Gemeinschaftliche Reisen mit ihren Schwestern und der rege Austausch mit ihren verheirateten Brüdern boten ihr Abwechslung. Von jung an war sie mit vielen bemerkenswerten Menschentypen in Kontakt. Sie hatte nie mit Absicht Charakterstudien gemacht, sondern sie lernte aus kleinen verräterischen Zügen, wie sich diese im gesellschaftlichen Austausch plötzlich einmal willkürlich bemerkbar machen, Schlüsse zu ziehen und diese dann auf das Gesamtbild des Charakters anzuwenden.

Charlotte von Cosel hatte wenig Gelegenheit, in sogenannten literarischen Kreisen zu verkehren. Sie selbst schrieb von sich: „Es war wohl einfach ein innerer Zug, der mir, erst zu Spiel und Scherz, dann zum Ernst die Feder in die Hand gab.“ (7) Einen Förderer ihrer Begabung fand sie unter anderem in dem Professor und Domherrn Nögste, Direktor der Ritterakademie in Brandenburg.

Am 1. März 1876 starb der Vater Carl von Cosel in Schwedt und wurde auch dort beigesetzt. Die Sterbeurkunde stellte dankenswerter Weise das Stadtmuseum Schwedt/Oder zur Verfügung.
sterbeurkunde_1976_carl_von_cosel Kopie
Sterbeurkunde Carl von Cosel, Copyright Stadtmuseum Schwedt/Oder

Die Transkription der größtenteils in Kurrent-Handschrift verfassten Sterbeurkunde verfasste Klaus-Dieter Stellmacher, Sütterlinstube Cottbus (www.sütterlinstube.de)
Sterbeurkunde Carl von Cosel
Nach eigener Darstellung (7) zog Charlotte von Cosel 10 Jahre nach dem Tode ihres Vaters, 1886 - inzwischen eine freie Schriftstellerin, wieder nach Berlin. Nach Brümmer (3) erfolgte der Umzug 1887. Nach Wikipedia (1) könnte der Umzug bereits 1876 im Jahr des Todes ihres Vaters erfolgt sein.

Hinrichsen (7) veröffentlichte ein kleines biografisches Selbstzeugnis, in dem sie sich auch zu ihrer Entwicklung als Autorin äußerte:

„Wie sich aber aus einem einmal gewagten Anfang das Weitere entwickelt, wie aus einem eben behandelten Stoff ein zweiter emporwächst, wie das Auge sich schärft für die feineren Züge, die ein Charakterbild vervollständigen, wie man das Leben und die Menschen dabei kennen lernt und sich gerade durch diese Erkenntnis mit vielem aussöhnt, was halb verstanden nur abstoßend wirkt, das wird ja jeder Schriftsteller aus eigener Erfahrung wissen. Ich habe viel Freude an meinem Beruf gehabt, [...], lasse aber jetzt, wenn auch mit tiefem Bedauern, die Feder ruhen. Es hat alles seine Zeit und wenn Frische und Reife nicht mehr Hand in Hand gehen, [...], hat man sich zu fügen und abschließend den Punkt unter sein Streben zu setzen.“

Als letzte Veröffentlichung erschien 1882 die Novelle „Luftschlösser“. Zum Ende der schriftstellerischen Laufbahn berichtet Pataky (2): „Als ihre Kopfnerven anfingen, ihre Gesundheit wie ihre Arbeitskraft schädigend zu beeinflussen, entschloss sie sich, die liebgewordene Arbeit aufzugeben.“

Als Berliner Adresse gibt Pataky (2) die Nettelbeckstraße 23i in Charlottenburg an. Heute (2021) heißt diese Straße „An der Urania“.

Am 22. April 1904 starb Charlotte von Cosel in Charlottenburg.

Nach heutigen Erkenntnissen (2021) umfasst das Werk von Charlotte von Cosel mindestens 25 Novellen und 7 Romane. Das erste Buch, das Charlotte von Cosel 1858 veröffentlichte, war „Novellen 1. Band“. In diesem Buch befindet sich ein Vorwort von Aegidi (das ist: Ludwig Karl James Aegidi, * 10. April 1825 in Tilsit, † 20. November 1901 in Berlin), welches hier vorgestellt wird (6):

Wenn in einer kleinen regsamen Stadt eine in der Verborgenheit zu künstlerischem Beruf ausgebildete Sängerin den ersten Schritt in die Oeffentlichkeit thut, wenn der Augenblick naht wo in dem geschmückten Conzertsaal die schüchterne Anfängerin sich erheben, ihrem Publikum sich zeigen und ein Schubert'sches Lied, eine Arie von unsrem Händel oder jenen alten Sang des Stradella vortragen soll, – so mag wol etwa der Direktor des Gymnasiums, ein in philologischem Studium und in nur pädagogischer Kunst ergrauter Mann der jungen Dame zu nicht geringem Erstaunen anwesender Gymnasiasten und Amtsgenossen den Arm bieten, sie vorzuführen.

Der Vergleich trifft einigermaßen zu, wenn mit diesem Vorwort ein Jurist von Fach sich erbietet, die Erstlingsleistungen einer bellettristischen Schriftstellerin einzuführen. Allerdings nicht vor das Publikum einer kleinen regsamen Stadt, vielmehr in den großen Leserkreis unsrer Nation, zunächst jedoch vor den engeren Bereich sinniger deutscher Frauenwelt, deren lebhafter Antheil und warme Anerkennung diesen Novellen Adelheid's von Auer dann auch bei Männern Eingang und Anklang schaffen möge, die nach guter Art der Vorfahrn in Frauen „sanctum aliquid et providum“ verehren. —

Abgesehen von persönlicher Ehrerbietung und hochachtungsvoller Freundschaft, die mich der Verfasserin nahestellt, bewegen auch innere Anlässe, die sich aus den vorliegenden künstlerischen Leistungen selbst ergeben, zu dieser Fürsprache.

Wer in der Welt des Rechts mit prüfendem Blick die tiefen ethischen Bezüge aufzusuchen bestrebt ist, der verfolgt auch außerhalb seiner Wissenschaft mit inniger Theilnahme was im Leben und in der Kunst die Saite des Ethos anschlägt und hell und rein tönen läßt. Und in diesen anmuthigen Erzählungen klingt unverkennbar ein solcher Ton an.

Nicht eine moralisirende Tendenz verfolgt die Verfasserin. Es beseelt sie vielmehr ein durchaus künstlerisches Streben. Aber unwillkürlich lockt ihre Harfe — wie nach jener hellenischen Sage die mächtigere Leier des Amphion die großen Formen einer Städtegründung zusammenfügte — Baustein auf Baustein einer sittlichen Gedankenwelt und zwar vornehmlich des Frauenlebens aneinander. Sie erzählt Geschichten, meist des weiblichen Herzens; aber durch ihre Erfindungen schlingt sich eine unsichtbare Kette gereifter ethischer Anschauungen, wie sie dem Gemüth hochgebildeter deutscher Frauen eigen sind, die daher nicht wohl verfehlen können auch die Aufmerksamkeit der Männer zu wecken welche wissen, ein wie großer Werth für das Leben, selbst für das Gemeinwesen, der sittlichen Klarheit und Wahrheit des Weibes einwohnt.

In solchem Kranz ernster Ideen fehlen auch nicht heitre Bilder, harmlosere Blumen und Blüthen; sie ziehen aber gleichfalls nicht nur an, sind nicht nur unterhaltend: denn auch sie ruhen auf dem dunkeln tiefen Grunde würdigster Lebensansicht. —

Wenn die Novelle dem Drama wahlverwandt ist, so dürfte von dieser Sammlung gelten, daß sie an den Charakter desjenigen streife, was ein moderner Iffland — modern: daher auch unsern durch Lessing’s und Göthe's Thaten geläuterten Anforderungen an die Poesie entsprechender — dem sittlichen Gehalt der deutschen Bühne zu leisten vermöchte.

Doch es sind Anfänge, denen dieses Vorwort einen empfehlenden Gruß gewidmet. Die Kritik möge Dem, was hier als segensreicher Keim ruht, gerecht werden! Getrost darf sie diesen Novellen den Zugang erleichtern in die Gemächer zunächst Deutscher Frauen, deren Nachdenken über Räthsel ihres Herzens und über Zustände der modernen weiblichen Welt sie in ansprechender Weise wachzurufen wohl geeignet sind.

Erlangen, um Weihnacht 1857.

Aegidi.

Abschließend sei hier die Eigendarstellung von Charlotte von Cosel dargestellt, die Hinrichsen (7) in seinem „literarischen Deutschland“ veröffentlichte.

Cosel, Charlotte von (Adelheid. v. Auer).
Ich bin 1818 in Breslau geboren. Mein Vater, der im Jahre 1876 als General der Kavallerie in Schwedt starb, war, als ich geboren wurde, Commandeur des zweiten Garde-Ulanen-Regiments. Er sowohl wie meine Mutter, geb. v. Auer, waren Ostpreußen, obwohl beider Familien nicht daher stammen. Meine Kindheit und Jugend habe ich in Berlin verlebt, habe meine Erziehung dort erhalten. An geistiger Anregung fehlte es weder in der Familie noch in dem Umgangskreis, den die Verhältnisse uns zugewiesen und, so reichlich die Freuden der Geselligkeit uns zu teil wurden, so jugendfroh wir dieselben genossen, vor einer verlöschenden Wirkung schützte uns Erziehung wie Beispiel, schützte uns das Leben selbst, das uns vielfach eine recht ernste Seite zeigte und zu höheren und allgemeinen Interessen anregte, wenn auch nicht in der hinreißenden Weise, in der die sich allmählich vorbereitenden und sich immer gewaltiger gestaltenden Zeitereignisse später auf Geist und Gemüt ihre erhebende und klärende Wirkung übten. Im Jahre 1848, im „großen Jahr“, nahm mein Vater den Abschied, und wir zogen nach Schwedt, wo er sich später Haus und Garten kaufte, das wir jetzt, zehn Jahre nach seinem Tode, verkauft, um nach Berlin zurückzuziehen. Dies der äußere einfache Gang meines Lebens, in das ein häufiger Landaufenthalt in Ostpreußen meinerseits bei einer mir sehr befreundeten Familie, sowie gemeinschaftliche Reisen mit meinen Geschwistern und ein reger Verkehr mit meinen verheirateten Brüdern willkommene Abwechslung brachten. Irgend ein von außen her wirkender Einfluß hat mich nicht zur Schriftstellerin gemacht, ich habe auch nie daran gedacht, es werden zu wollen. Ich habe sogar sehr wenig Gelegenheit gehabt, in literarischen Kreisen zu verkehren, auch später nicht, als ich selbst auf diesem Feld geistiger Arbeit thätig war. Als die einzigen Männer von Bedeutung, die später in fördernder und ermutigender Weise nach dieser Richtung hin auf mich wirkten, nenne ich den Professor Ägidi, den leider früh verstorbenen Professor Friedrich Eggers und den Professor und Domherrn Nögste, Direktor der Ritterakademie in Brandenburg und nun auch schon seit Jahren tot. Es war wohl einfach ein innerer Zug, der mir, erst zu Spiel und Scherz, dann zum Ernst die Feder in die Hand gab. Ich war längst Hauspoet und Gelegenheitsdichter für Freunde und Bekannte, ehe sich der Schaffensdrang auf ein weiteres Feld wagte und die ersten Novellen entstanden. An Veröffentlichung dachte ich jedoch dabei nicht. Wie sich aber aus einem einmal gewagten Anfang das Weitere entwickelt, wie aus einem eben behandelten Stoff ein zweiter emporwächst, wie das Auge sich schärft für die feineren Züge, die ein Charakterbild vervollständigen, wie man das Leben und die Menschen dabei kennen lernt und sich gerade durch diese Erkenntniß mit vielem aussöhnt, was halb verstanden nur abstoßend wirkt, das wird ja jeder Schriftsteller aus eigener Erfahrung wissen. Ich habe viele Freude an meinem Beruf gehabt, habe eine sehr wohlwollende Kritik erfahren, lasse aber jetzt, wenn auch mit tiefem Bedauern, die Feder ruhen. Es hat eben alles seine Zeit, und wenn Frische und Reife nicht mehr Hand in Hand gehen, wenn die uns sonst liebste und anregendste Beschäftigung anfängt, körperlich erschöpfend zu wirken, dann, meine ich, hat man sich zu fügen und rechtzeitig den abschließenden Punkt unter sein Streben zu setzen.


Quellen

(1) Wikipedia - Charlotte von Cosel
https://de.wikipedia.org/wiki/Charlotte_von_Cosel

(2) Pataky
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder, 1. Band: A-L, Verlagsbuchhandlung von Carl Pataky, Berlin, 1898

(3) Brümmer
Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, 1. Band Aar bis Dennemark, Philipp Reclam jun., Leipzig, 1913

(4) Wikipedia - Karl von Cosel
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_von_Cosel

(5) Stadt Schwedt
https://www.schwedt.eu/cms/detail.php/bb3.c.212392.de

(6) Aegidi
Adelheid von Auer, Novellen, 1. Band, Seiten III - VI, Verlag Georg H. Wiegand, Göttingen 1858

(7) Hinrichsen
Adolf Hinrichsen, Das literarische Deutschland, 2. Auflage, Verlag des „Literarischen Deutschlands“, Berlin, 1891